Bernd Bienert

„Je begrenzter die Kunst ist, desto freier wird sie", hat Strawinsky gesagt. Der Regisseur im metallenen Musikvereinssaal ist demnach frei.

Wo Bernd Roger Bienert ist, dort ist das Musiktheater

Bernd Bienert gehört zu den wirklich bemerkenswerten Phänomenen der heimischen Musiktheaterwelt. Wann immer er auftaucht, produziert er staunenerregende szenische Kunstwerke – sehr oft gelingt ihm mit sehr sparsamen Mitteln Imposanteres als den meisten hoch dotierten Regie-Selbstüberschätzern, die sich in den großen Häusern breitmachen dürfen.

Wahrscheinlich fürchten sich die Intendanten vor dem Sturschädel des Künstlers, der schon auch einmal kleine Skandale provoziert, bevor er sein artistisches Konzept einer Vorschrift oder dem Unvermögen eines Mitwirkenden opfert.

Die Presse Feuilleton 2013 137

Wie auch immer: Jüngst sah man im metallenen Saal des Wiener Musikvereins die von Bienert kuratierte österreichische Erstaufführung der Oper ,,The Original Chinese Conjuror", eine kuriose Musiktheaterversion der noch kurioseren Geschichte eines angeblichen chinesischen Zauberkünstlers, der nach höchst einträglichem betrügerischem Künstlerleben einem seiner Tricks zum Opfer fiel.

Nun ist der metallene Saal nicht eben für sein attraktives Äußeres bekannt, auch bietet er keinen Platz für eine Theateraufführung. Und trotzdem war das Publikum sichtlich fasziniert von der Kunst Bienerts, ein junges Sängerensemble samt dem Ensemble ,,die reihe" Schritt für Schritt in sein optisches Vexierspiel einzubinden, von dem man sich zunächst nichts außer einer konzertanten Wiedergabe der Musik erwarten durfte – und von dem zuletzt alle der Überzeugung waren, einen spannenden Theaterabend erlebt zu haben.

Es ist nicht das erste Mal, daß Bienert so etwas gelungen ist. Es ist auch nicht das erste Mal, daß man angelegentlich darauf verweisen darf, welches Regietalent wir da in Wien sitzen haben. Es ist auch typisch, daß die Produktion – wirklich szenisch – für die Wiener Kammeroper vorgesehen war, die aber dann vom Theater an der Wien geschluckt wurde – woraufhin man dort lieber eine dritte Wiener Inszenierung von ,,La Cenerentola" ansetzt, als einen Mann wie Bienert eine Novität zeigen lässt, an die er glaubt.

Keine Klagen also, das ist Wien. Und Bienert hat ja mit seinem ,,Teatro barocco" in Stift Altenburg eine Heimat für ein Sommerfestival (www.teatrobarocco.com) gefunden, wo er seiner Leidenschaft für die Rekonstruktion originaler Spielpraktiken frönen kann: Heuer bietet er ab 12. Juli zwei Stücke, die schöne Einblicke in die ästhetischen Vorstellungswelten des Rokoko bieten: Michael Haydns ,,Hochzeit auf der Alm" – Unterhaltungstheater, wie Mozart es zu sehen bekommen hat! – und Anton Bendas Rousseau- Vertonung ,,Pygmalion" – innovatorisches Musiktheaterexperiment mit gesprochenem Text, das Mozart nachweislich tief beeindruckt hat. Man muss halt dann im Juli nach Niederösterreich pilgern . . .