Gottfried von Einem

Robespierre kam nicht bis bis Oberdürnbach

Kommenden Samstag soll gutes Ausflugswetter herrschen. Also nichts wie hinauf ins Waldviertel, wo man sich einer späten Komponistenpassion hingeben darf.

„Na, Kammermusik, natürlich." Auch den Tonfall habe ich noch im Ohr. Gottfried von Einem erklärte mir bei unserem letzten Interview, was ihn am Komponieren noch wirklich interessiere. Kammermusik also, das war's, was den Mann, der als Opernkomponist Furore gemacht hatte, in späten Jahren noch fesselte.

Insofern ist es passend, daß einmal im Jahr ein klein dimensioniertes Festival an Gottfried von Einem erinnert, das dort, wo er sich zum Arbeiten zurückgezogen hatte, in Oberdürnbach bei Maissau, die Erinnerung an den zeitlebens Unangepassten hochhält. Ein Festival unter der Patronanz der Wiener Philharmoniker immerhin, die auch einige Musiker entsenden, um Musik von Einem zum Klingen zu bringen. Kammermusik, natürlich.

Am 8. Juni ist es wieder so weit. Ab 17 Uhr erklingen in der Katharinenkirche zwei der späten Streichquartette, die Kontrabass- Sonate mit ihren ,,Musikrätseln", gespielt von Ödön Rácz. Aber auch einige von Einems Witwe, Lotte Ingrisch, initiierte Diskussionsbeiträge wird es geben, ein Schulprojekt, ausgehend vom ,,Tulifanten", einem der letzten Bühnenwerke Einems. Also ein Nachmittag und Abend zum Mitdenken, Mitreden – und zum Hören, versteht sich. Vielleicht kommt unter Kundigen auch eine Diskussion über die Frage zustande, warum sich das heimische Musikleben so konsequent Einems später Kammermusikdoktrin unterwirft und nicht Gebrauch davon macht, daß da einer – damals ganz gegen den Zeitgeist – dank handwerklich exzellent fundierter Verbindung mit der Tradition Musiktheaterwerke von höchster Effektivität komponiert hat.

"Componiert" müsste man ja schreiben, denn Gottfried von Einem bestand auf der korrekten Schreibung seiner Berufsbezeichnung, ,,Componist". Ein Mann also, der das C nicht nur auf sein Briefpapier drucken ließ, sondern auch als Fundament einer Musik in Dur und Moll gelten ließ. Das Publikum hat es ihm gedankt.

Ein Werk wie die Büchner-Oper ,,Dantons Tod" eroberte die Bühnenwelt im Sturm – und bot den herausragenden Baritonen jeder Generation ein willkommenes Vehikel, als Charakterdarsteller zu brillieren. Viele erinnern sich noch an Eberhard Waechters grandiose Gestaltung – an der Seite des nicht minder grandiosen Gerhard Stolze, der den Robespierre mit Todesverachtung gab: ,,Er muss weg", stieß er nach dem Dialog mit Danton angeekelt heraus.

Daß der ,,Danton" jetzt ,,weg" ist, herausgefallen aus den Spielplänen, ist schade. Er böte den Baritonen unserer Zeit das ideale Objekt, Gottfried von Einem in die Opernwelt zurückzuholen. Auch wenn ihn zuletzt nur noch die Kammermusik interessiert haben mag – die man natürlich auch in Oberdürnbach spielen kann . . .