Liederabend M. Schade

Michael Schades Heimspiel auf der Opernbühne

In der Staatsoper huldigte der Tenor in einem Liederabend dem intimen Genre ebenso wie der Theatralik.

Natürlich ist er ein (Selbst-)Darsteller von Format: Michael Schade kokettiert und scharmutziert mit seinem Publikum nach Herzenslust - wenn es um komödiantische Texte geht. An denen war sein Soloprogramm in der Staatsoper reich. Doch weiß der Tenor auch ziemlich genau, was er dem intimen Genre schuldig ist, wenn es um die großen, die introvertierten Momente im Schaffen der bedeutenden Lied-Meister aus dem deutsch- und dem französischsprachigen Raum geht: Es gab wunderbare Momente an diesem von Malcolm Martineau mit höchster Empathie für den Sänger begleiteten Abend, in denen das Publikum spürbar den Atem anhielt. Dann waren nur die extrem zurückgenommenen Pianotöne der Stimme zu hören.

Unter vollständiger dynamischer Kontrolle entfaltet Schades Tenor seine Reize nach wie vor am schönsten. Da vereint sich das klar und ruhig strömende Timbre dann mit einfühlsamer Textausdeutung - ein paar Konzentrationsfehler bei den dichterischen Versen einmal ausgenommen.

Dass der Applaus nach Schuberts "Laura am Klavier" nur zögerlich einsetzen wollte, obwohl dem Sänger wie dem Pianisten damit ein Kabinettstück an musikalischer Verschmitztheit gelungen war, lag am Programmheft: Es enthielt noch zwei Strophen, die Friedrich Schiller schon gestrichen hatte, ehe der Komponist das Gedicht entdeckte . . .

Französischer Esprit

Dass diesmal auch kleine Zyklen wie Maurice Ravels fünf griechische Volkslieder durch kräftige Zustimmung auseinandergerissen wurden, störte nicht: Tatsächlich fanden Schade und Martineau jedesmal wieder überraschende neue Farben für die temperamentvollen oder, je nachdem, versonnen-melancholischen Stücklein.

Exquisit die Darstellung der ebenso vielfarbigen, aber im Tonfall weitaus ernster gehaltenen Gesänge Gabriel Faures, in denen noch einmal der dezente, eingangs auch mit Beethovens "Adelaide" gepflegte Lied-Stil triumphierte. Diesen hatte man mithilfe des philharmonischen Hornisten Josef Reif bei Schuberts "Auf dem Strom" zu Anklängen an biedermeierliche Hausmusik-Traditionen nützen können. Mit Richard Strauss wurde zuletzt aber auch dem theatralischen Genius loci geopfert. Und bei "Wien, Wien, nur du allein" im Zugabenteil sang und summte Schades Fan-Gemeinde dann schon willig mit.