Mozartpflege

Vom Umgang mit dem Allergrößten und wachen Ohren

Schon die Angst vor den Jubiläumsjahren erwies sich als unberechtigt. Von Mozart kann die Welt nie genug bekommen. Das birgt Gefahren.

Wiens Generalmusikdirek tor ist im Moment sehr mit Musik des Jahresregenten Richard Wagner beschäftigt. Heute Abend (19 Uhr) erhält er jedoch den Goldenen Mozart-Ring – wie sich das gehört im ,,Figaro"-Haus in der Domgasse – aus den Händen von Helmut Kretschmer, dem Präsidenten der Wiener Mozartgemeinde.

So etwas scheint auf den ersten Blick höchst unzeitgemäß. Wozu kümmert sich eine Gemeinde um das Erbe Mozarts, das die Welt doch ohnehin willig in Empfang genommen hat? Doch darf vielleicht hinterfragt werden, wie mit diesem Erbe umgegangen wird. Im Mahlstrom des erbarmungslosen Musikgeschäfts droht ja manches zerrieben zu werden. Wo Dauerpräsenz garantiert ist, wendet sich das Interesse von der Substanz gern äußerlichen Erscheinungen zu – sie führen dann ein Eigenleben wie in der griechischen Mythologie die trojanische Helena, die ja, glauben wir Euripides, nur ,,ein Luftgebild" gewesen sein soll, dieweil die echte schönste Frau in Ägypten auf die Rückkehr ihres Menelaos gewartet hat . . .

Zehn Jahre Krieg für eine Fata Morgana? In Sachen Mozart werden, genau betrachtet, seit Langem einige Scheingefechte geführt, die man in der Medienwelt willig fürs Ganze nimmt. V erständlich, daß da einige Zeitgenossen entgegenzusteuern wünschen. Sie tun es (auch publizistisch im ,,Wiener Figaro") mit Engagement, aktiver künstlerischer und fundamentaler wissenschaftlicher Unterstützung – im Vorstand finden sich Pianistin Barbara Moser und Musikwissenschaftlerin Andrea Harrandt!

Nebst Pflege der Mozart-Denkmäler, die Wien als die ,,andere" wichtige Mozart-Stadt noch zu bieten hat (das meiste, was als Anschauungsobjekt für Leben und Wirken des Komponisten dienen könnte, ist ja der Spitzhacke zum Opfer gefallen), setzt die Mozart- Gemeinde mittels diverser Preise auch Zeichen.

Neben dem goldenen Ring, der jeweils in Absprache mit dem aktuellen Träger alle fünf Jahre weitergegeben wird – und nun von Michael Heltaus auf Franz Welser-Mösts Finger wechselt -, gibt es auch die wohlbekannte ,,Wiener Flötenuhr", die für herausragende Mozart-Interpretationen auf Tonträgern vergeben wird.

Und da finden sich eben mit Bedacht ausgewählte, erfreulicherweise nicht mit Bedacht auf die gerade hochgespielte Originalklangmode gekürte Einspielungen auf der Liste. Die Namen Alban Berg Quartett, Bo Skovhus, Michael Schade oder Bertrand de Billy sprechen für sich – man bemüht sich, die Ohren aufzusperren und zu lauschen, ob nebst modischen Allgemeinplätzen nicht doch profunde und gewichtige interpretatorische Eigenleistungen im unübersichtlichen CD-Gemenge zu finden seien.

Eine Ausstellung über Geschichte und Gegenwart der Mozart- Gemeinde ist übrigens bis September im Gasometer zu sehen.