Musikverein-Jubiläum

Aviso. Am 5. und 6. Jänner spielen die Philharmoniker das Programm der Eröffnung von vor 150 Jahren, Semyon Bychkov dirigiert.

3. Jänner 2020

Mitten im Winter 1869/70 hieß es: "Vollendet das ewige Werk" - aber nicht Musik aus Wagners "Rheingold" durfte zur Feier des Tages erklingen, sondern das, was zu jener Zeit vor den Augen und Ohren der Musikfreunde Ewigkeitswert erlangt hatte. Die Ansichten darüber unterscheiden sich 150 Jahre später nicht eklatant. Und deshalb darf die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien ohne Weiteres - und nicht zum ersten Mal - ein genaues Remake jenes Eröffnungskonzerts aufs Programm setzen, das die Wiener Philharmoniker auf den Tag genau vor 150 Jahren zum Einstand im jenem Saal gaben, der bald zum berühmtesten Konzertsaal der Welt werden sollte.

Am 5. und 6. Jänner 2020 musizieren die Philharmoniker also noch einmal, "wie die Alten sungen". Beethovens Fünfte Symphonie, die Symphonie schlechthin, durfte und darf nicht fehlen. Dazu ein bunter Strauß aus Werken von Haydn, Bach und anderen. Mozart, vor allem, dessen "Don Giovanni" wenige Monate vor Eröffnung des Musikvereinsgebäudes zum Auftakt des Programms in der ebenfalls neu errichteten Wiener Hofoper erklang. Die Klassiker waren schon in der Ära von Johannes Brahms unverzichtbar, als sich der Repertoirekanon langsam herausbildete, der bis heute gültig ist.

Daran denkt man wohl, wenn Semyon Bychkov den Taktstock schwingt. Schon Riccardo Muti hat vor einem Vierteljahrhundert dasselbe Eröffnungsprogramm noch einmal Revue passieren lassen. Mariss Jansons wollte es ihm gleichtun. Semyon Bychkov springt nun für den jüngst verstorbenen Publikumsliebling ein. Ein Wiener Publikumsliebling ist auch er, der Stadt und dem Orchester seit Langem verbunden.

Bychkov: "Ich war immer gern in Wien"

Im Gespräch anlässlich eines Gastspiels jüngst im Musikverein ahnte er noch nicht, dass er diese Aufgabe übernehmen würde und meinte auf die Frage, ob er bald wieder einmal auch am Pult der Wiener Philharmoniker stehen würde: "Schauen Sie mein Leben an, ich war immer gern in Wien und werde auch immer gern hier arbeiten, aber ich habe sehr, sehr wenig Zeit." Vor allem seine Aufgabe als Chefdirigent der Tschechischen Philharmonie gibt ihm wenig Chancen, andere Engagements anzunehmen. Die jüngsten Konzerte des Prager Orchesters mit Bychkov an der Spitze bewiesen, zu welch harmonischer Einheit Dirigent und Musiker verschmolzen sind: "Viele nennen mich ihren Daddy", freut sich der Maestro, den einst Herbert von Karajan als einen möglichen Nachfolger bezeichnet hatte.

Für glamouröse Klatschspalten-Abenteuer hat sich Bychkov aber nie hergegeben. Er bewährte sich stets als Orchestererzieher und tief schürfender Interpret. Als solchen schätzte man ihn stets auch, wenn er in Wien am Pult erschien; auch an der Staatsoper, wohin er demnächst zurückkehrt: "Da schließt sich für mich ein Kreis", meint er, "denn ich habe mir für diesmal die ,Elektra' von Richard Strauss ausgesucht, mit der es in Wien für mich auch angefangen hat." Seither war er der Dirigent mitreißender Vorstellungen von Werken wie "Tristan und Isolde" oder "Lohengrin", leitete viel beachtete Premieren wie "Daphne" oder "Chowanschtschina" - und bedauert, dass zwischendurch immer wieder lange Pausen eingetreten sind. Im kommenden Februar gibt es nun immerhin noch einmal die "Elektra" - und danach vor allem einmal wieder Zeit für die Tschechische Philharmonie. Immerhin fürs Musikvereins-Jubiläum fand sich ein Loch im Terminplan . . .