Oper, kammermusikalisch

Der "Rosenkavalier" im Biedermeier-Gewand

Opern-Suiten. Das Ensemble Minui reduziert komplexe Opernpartituren der Zeit um 1900 auf Nonett-Dimensionen und überrascht damit auch Kenner: Da hört man Musik von Puccini, Dvorak und Strauss ganz neu.

22. Jänner 2020

Opern-Arrangements für Kammermusik, das hat freilich etwas Biedermeierliches. Als es noch kein Radio, geschweige denn die CD gab, da mussten Musikfreunde zur Selbsthilfe greifen, wenn sie das, was in den Opernhäusern zu erleben war, daheim irgendwie nachvollziehen wollten. Jüngst war an dieser Stelle über die Verbreitung von Beethovens Symphonien in Quartettform zu lesen. Nun legt das Ensemble Minui eine CD vor, die drei Opernsuiten aus der Zeit kurz nach 1900 hören lässt.

Das war nun in dieser Form noch kaum im trauten Heim zu realisieren, denn die Minuis spielen zu neunt. Aber ihre Darbietungen haben Methode auch für den Kenner des Opernrepertoires. Gerade die hier nebst Dvoraks "Rusalka" programmierten Titel "Rosenkavalier" und "Tosca" gehören ja zu den meistgespielten Werken überhaupt - doch gewinnt man dank der originellen Arrangements des Klarinettisten Stefan Potzmann auch als vollkommen Strauss- und Puccini-affiner Opern-Habitue eine erstaunliche Reihe neuer Einblicke in altvertraute Partituren.

Der eingangs erwähnte biedermeierliche Charakter der Unternehmung blieb insofern erhalten, als im Spiel von Minui jegliche dramatische Aufregung vermieden wird. Schon der "Rosenkavalier"-Anfang verrät nichts von der stürmischen Liebesnacht des jungen Grafen Octavian mit der schönen Feldmarschallin, sondern rückt die Musik ins Gemütliche.

So genießt man, was die Zeitgenossen als unglaubliche Abkehr des zuletzt bei "Salome" und "Elektra" noch hypermodernen Komponisten in Richtung von nur noch wohlig durch sanfte Dissonanzen gewürzten Dur-und Moll-Harmonien ansahen. Der Unterhaltungsfaktor soll bei solchen Bearbeitungen ja nie zu kurz kommen.

Der Mond scheint bei Sturmböen

Die Melodien, nicht zuletzt die aus Puccinis Gruseldrama, das hier auf seine lyrischen (und - mit der Mesner-Szene - auf komödiantische) Momente fokussiert wird, strömen ungehindert durch störende szenische Aktionen und Handlungsbrüche dahin. Aufwühlender hingegen die Fragmente aus dem Märchen von der böhmischen Wassernixe, wo vor allem die Verwicklungen des Mittelakts als expressiver Rahmen für das "Lied an den Mond" dienen, das auf diese Weise umso eindringlicher wirkt.

Der Kenner freut sich, die komplexen Strukturen gerade der Dvorak- und der Richard-Strauss-Partitur einmal in völlig neuer Durchleuchtung zu hören: Einfach besetzte Streicher lassen die viele Details des Bläsersatzes plastisch hervortreten. Zumal das Ensemble, vor allem aus Mitgliedern des Kärntner Symphonieorchesters gebildet, blendend harmoniert. Oper einmal anders.