Picknick-Klassik

Oper und Konzert, am liebsten mit Picknick

Der österreichische Festspielbetrieb kommt wieder in Gang. Veranstalter, die Freiluftspektakel anbieten können, sind heuer eindeutig im Vorteil.

Unter freiem Himmel dürfen sich schon wieder weitaus mehr Leute zu kulturellen Veranstaltungen zusammenfinden als zuletzt. Damit wird auch ein Festspielbetrieb im Land wieder möglich; wenn auch reduziert.

Den Auftakt markierte, wie berichtet, die Grazer Styriarte unter den Augen mancher Bundespolitiker mit einer eigens für diesen Anlass komponierten Uraufführung. Aus der geplanten szenischen Wiederbelebung von Johann Joseph Fux' "Ossqui della Notte" wurde freilich eine konzertante Präsentation von Fragmenten der Partitur.

Doch finden viele der Styriarte-Konzerte, die unter dem Motto "Geschenke der Nacht" für das diesjährige Festival angekündigt waren, statt; allerdings gekürzt, ohne Pause und vielfach in zwei oder sogar drei Tranchen.

"Schönwettergladiatoren". Auch in Gars am Kamp fiel die szenische Produktion dem Virus zum Opfer. Eigentlich wollte man in der Burgruine Bizets "Carmen" zeigen. Stattdessen bietet man bis 4. September jeden Freitag um 20 Uhr einen Mix aus Musik und Literatur. Die Spannweite reicht dabei vom Wienerlied zur Schubertiade. Intendant Johannes Wildner garantiert "ein vielfältiges Angebot an die Menschen, die im Frühjahr plötzlich die Erfahrung machen mussten, dass nichts mehr geht, und die nun langsam wieder Konzertabende genießen dürfen."

Künstler sollten ja, so Wildner, "keine Schönwettergladiatoren sein, die nur bei günstigen Bedingungen agieren und sich bei Problemen hinter dem Ofen verstecken."

Die Garser Veranstaltungen seien daher alles andere als ein "Ersatzprogramm", ergänzt der Intendant, sondern "in jeder Faser von der Liebe zu unserer Burg, der Liebe zur Kultur und nicht zuletzt der Liebe zum Leben inspiriert. Die Klangburg Gars möchte zeigen: Resignation ist keine Option."

Das meinen auch die Organisatoren in Kärnten: Der "Theaterwagen Porcia" ist bereits unterwegs und gastiert wie einst die fahrenden Komödianten auf Marktplätzen und in Strandbädern. Wie geplant, zeigt man "Dame Kobold", hat aber das Angebot um Auftritte verschiedener Solisten und Theatertruppen der Kärntner Szene zur "Coromödie 2020" erweitert.

Kreativ reagiert auch der Schauspielchef des Salzburger Landestheaters auf die Krise: Carl Philip von Maldeghem lässt in "Elves and Errors" Figuren aus Shakespeare-Stücken in neuen Konstellationen aufeinandertreffen - und zwar im Park von Schloss Leopoldskron, der einstigen Residenz von Festspielgründer Max Reinhardt.

Halb im Freien kann ja auch das Ensemble des Badener Stadttheaters spielen - weshalb Intendant Michael Lakner eine ganz spezielle Fassung von Franz Lehars "Die blaue Mazur" erarbeitet hat, die am 31. 7. Premiere haben wird und bis 5. September in der Sommerarena auf dem Programm steht - dem Coronazeitgeist geschuldet "ohne Ballett, ohne Pause, aber mit viel Drive", wie Lakner versichert.

Buchbinder im Park. Einen absoluten Startvorteil hat Rudolf Buchbinder: Seinem Festival in Grafenegg steht ja mit dem sogenannten Wolkenturm eine großzügige Freiluftarena zur Verfügung; umgeben von einem noch viel großzügigeren Park.

In Grafenegg reagiert man auf die immer noch kritischen Bedingungen mit einer Beschallung des gesamten Areals rund um das Schloss. Damit haben etwa beim Eröffnungskonzert am 14. August mehr Menschen als irgendwo sonst die Chance, live dabei zu sein - und dort vielleicht ein Picknick zu machen; anders als im legendären englischen Glyndebourne nicht in der Pause, denn es wird keine geben, sondern sogar während der Aufführung von Beethovens Tripelkonzert (mit dem Hausherrn, Emmanuel Tjeknavorian und Harriet Krijgh).

Solche Musikpicknicks gibt es dann mit Solisten wie Pianistin Alice Sara Ott, den Opernstars Jonas Kaufmann, Piotr Beczala, Camilla Nylund und Anna Netrebko (30. August), den Geigern Julian Rachlin, Arabella Steinbacher - und natürlich mehrmals mit Rudolf Buchbinder selbst, der als Pianist und Dirigent mit den Wiener Philharmonikern auch das Abschlusskonzert am 6. September gestaltet.