Wie klänge Bachs "Markus-Passion"?

Eine Rekonstruktion von Johann Sebastian Bachs verlorener „Markuspassion“? Das dritte und späteste große Passionswerk des Thomaskantors, von dem wir zumindest die Textgestalt genau kennen, war nebst der kontemplativ-machtvollen „Matthäus-“ und der dramatischen „Johannespassion“ offenbar so etwas wie die „Choralpassion“ des Meisters. Sie entstand mit ziemlicher Sicherheit - vergleichbar dem „Weihnachtsoratorium“ und der „Hohe Messe“ - im sogenannten "Parodieverfahren“, indem der Komponisten Sätze aus älteren Kantaten wiederverwertete und ihnen den neen Text unterlegte.
Eine der Vorlagen konnte mit großer Wahrscheinlich namhaft gemacht werden: Es ist die „Trauerode“ BWV 198. Ausgehend von Arrangements von sechs Sätzen dieses Werks sind zuletzt etliche Versuche angestellt worden, die „Markuspassion“ zu realisieren. Jordi Savall folgt nun weitgehend den Vorschlägen von Alexander Grychtolik, der angeregt hat, die umfangreichsten Arien und Chöre des Werks mit Musik aus den beiden bekannten Passionen zu unterlegen und für die übrigen Texte Sätze aus anderen Bach-Kantaten zu „parodieren“.
Das Ergebnis ist, wenn auch etliches musikalisch vertraut tönt, durch die neuen Querverbindungen und die spezielle Dramaturgie des Librettos fesselnd und – vor allem – von Savall und seinem Ensemble exzellent musiziert.  (Alia Vox)