Zemlinsky-Jubiläum

Nicht nur "Ludwig van", auch "Alexander von"
feiert Geburtstag

Saison 2020/21. Intendant Thomas Angyan hat nach 32 Jahren seine letzte Spielzeit für die Gesellschaft der Musikfreunde in Wien geplant. Er sorgte für das gewohnte internationale Star-Aufgebot, aber auch für einen eigenen Zyklus zum Geburtstag des großen Fin-de-Siecle-Meisters Zemlinsky.

Der "virale" Zwischenstand zuerst: 90 Veranstaltungen fallen bis Anfang April im Musikverein aus, 40.000 Karten müssen zurückgekauft werden, rechnet Intendant Thomas Angyan vor. Ob das vorläufig geplante Ende der Schließung halten wird, weiß er so wenig wie alle anderen Kultur-Veranstalter.

Und doch: "Den Schwung, mit dem wir in unser Jubiläumsjahr gegangen sind", sagt er, "nehmen wir in die kommende Saison mit." 2020/21 wird die letzte Spielzeit sein, die Angyan geplant hat. Sie steht noch im Zeichen des Beethoven-Geburtstags, doch liegt Angyan noch ein zweiter Jubilar am Herzen: "Das ist Alexander von Zemlinsky, eine der stärksten Musikerpersönlichkeiten im Wien der Zeit um 1900. Er hat an dieser Stadt viel zu leiden gehabt; und wurde schließlich ins amerikanische Exil getrieben, wo er 1941 starb."

Die Gesellschaft der Musikfreunde beherbergt den Alexander-Zemlinsky-Fonds und versteht sich als Zentrale für die Verbreitung des Schaffens dieses Komponisten, von dem der jüngere Kollege Alban Berg gesagt hat: "Zemlinsky ist ein kolossaler Kerl." "Alle wussten das", sagt Angyan, "aber die Zeit hat sich brutal gegen ihn gestellt."

Zemlinsky: Vor 150 Jahren geboren

Aus Anlass des 150. Geburtstags widmet der Musikverein dem Komponisten einen durch ein Symposion ergänzten Konzertzyklus, in dem nebst Kammermusik und Liedern auch Ballett- und Schauspielmusiken (RSO unter Gabor Kali), die Tondichtung "Die Seejungfrau" (Symphoniker, Lorenzo Viotti) und die "Lyrische Symphonie" (Andrea Dankova, Adam Plachetka, Symphoniker - Tomas Netopil) zu hören sein werden.

Beethoven gibt es Ende 2020 nochmals konzentriert: eine weitere Gesamtaufführung der neun Symphonien, diesmal mit der Staatskapelle Berlin unter Daniel Barenboim.

Im Übrigen erwartet die Musikfreunde wieder ein illustres Angebot von Star-Gastspielen und die von Angyan in seinen 32 Musikvereins-Jahren konsequent betriebene breite Fächerung des Programms, einerseits mit zahlreichen Konzerten für Kinder und Jugendliche, andererseits durch eine Repertoire-Vielfalt, die vom Barock bis zu Zeitgenossen reicht. 424 Konzerte finden 2020/21 statt, aufgeteilt auf 92 verschiedene Zyklen.

Stars, die wieder erwartet werden: Joyce DiDonato, Elina Garanca, Jewgeni Kissin, Maurizio Pollini, Anne-Sophie Mutter, Hilary Hahn oder Orgelvirtuose Olivier Latry, seit der Segnung der neuen Orgel aus dem Programm nicht mehr wegzudenken. Valery Gergiev bekommt einen eigenen Zyklus (ein klassischer, ein Prokofieff-, ein Strawinsky-Abend). Dass Maestri wie Mehta, Welser-Möst oder Thielemann wiederkehren, versteht sich beinah von selbst.

Einstand feiert Symphoniker-Chefdirigent Orozco-Estrada, der aber auch mit seinem Symphonieorchester des Hessischen Rundfunks gastiert und dafür ein Stück Musikvereins-Geschichte beschwört: Er dirigiert zweimal Franz Schmidts "Buch mit sieben Siegeln" - mit dem Uraufführungs-Chor, dem hauseigenen Singverein. Ein Auftragswerk der Gesellschaft der Musikfreunde, wie manche Uraufführung im kommenden Jahr; aber etwa auch das Sextett von Krzysztof Penderecki, das im März 2021 eine Wiederaufführung erleben wird.