Symphoniker, verfilmt

Musik, das heißt Ekstase - Musik, das heißt auch Angst!

Musikfilm. Für die Wiener Symphoniker wurde die Kinoleinwand zu Sigmund Freuds Couch: Was geht in einem "Klangkörper" vor sich?

Wie es hinter den Kulissen internationaler Konzerthäuser zugeht, das wissen mittlerweile alle. Unzählige Filmdokumentationen über große Orchester sind gedreht worden. Warum sollte man sich nun eine neue über die Wiener Symphoniker ansehen? Weil diese Dokumentation ein wenig anders ist. Genau genommen handelt es sich bei Iva Svarcovas und Malte Ludins Film "Tonsüchtig" um eine orchestrale Psychoanalyse. Es gehört einiges Feingefühl dazu, ein ganzes Orchester auf Sigmund Freuds Couch zu legen, oder besser gesagt: aus zahlreichen Einzelgesprächen mit den Musikern ein aufschlussreiches Gesamtbild zu gewinnen. Nicht von ungefähr gibt es den Begriff vom "Klangkörper".

Gelingt ein Konzert, dann spielt die Hundertschaft auf dem Podium tatsächlich wie ein Mann - atmet, denkt und fühlt gemeinsam. Auch davon ist hier die Rede, von der mühsamen Probenarbeit und der Frage, wie weit es einem Dirigenten gelingen kann, ein Orchester ganz auf seine Vorstellungen einzuschwören. Die Musiker fühlen diesbezüglich offenbar wie das Publikum: Da gibt es - bleiben wir einmal nur bei den guten Dirigenten - jene, die für eine Aufführung den rechten Raster schaffen, innerhalb dessen am Abend alles glatt läuft. Und es gibt den einen oder anderen, bei denen noch viel mehr passiert. Da entsteht dann jene sprichwörtliche Chemie, die im allerbesten Fall Sternstunden zeitigt. Für solche, das wird aus den Interviews bald deutlich, lohnt sich all der aberwitzige Aufwand, ein Instrument zu erlernen, es konzertreif spielen zu können und sich zu bemühen, eine Orchesterstelle zu ergattern.

Die Sucht, die alles vergessen macht

Dann aber - hier beginnt der Film zu fesseln - geht es mit den Irritationen, den Hemmnissen, den Verstörungen erst richtig los. Bald weiß man: Angst ist ein ständiger Begleiter für den musikalischen Profi. Angst, die aufs Familienleben ausstrahlt, die Lebenskrisen auslöst, eine Karriere scheitern lassen kann. Angst, die beim "Vorspiel" hinter dem Vorhang regiert und beim ersten Probespiel - und die einer Ekstase weichen kann: "Das macht süchtig", sagt eine der Musikerinnen, die es auf eine Spitzenposition geschafft hat. Das ist es: beim Musizieren, beim Zuhören, die Sucht, die alles andere vergessen macht!